Die Gesamtgeschichte des Schachtes „Ludwigshall“ Wolkramshausen mit der Sprengstoffkatastrophe im Jahre 1942 mit 145 Todesopfern
Vorwort
Am 29. Juli 1942 ereignete sich in der unterirdischen Heeres-Munitionsanstalt Wolkramshausen bei Nordhausen in 660 Meter Tiefe eine Großexplosion, die mindestens 145 dort größtenteils zwangsweise Beschäftigten das Leben gekostet hatte.
In der DDR-Zeit waren darüber nur äußerst spärliche Informationen verfügbar. Zeitzeugen haben nicht berichtet; hätten sie damit doch freiwillig zu erkennen gegeben, dass sie einst in einer geheimen Munitionsfabrik der faschistischen Wehrmacht gearbeitet haben, in der großkalibrige Geschossmunition in großen Mengen hergestellt worden war, die Soldaten und Zivilisten der alliierten Siegermächte den Tod gebracht hatten.
Die erste, jedoch vorerst nur in den alten Bundesländern der Bundesrepublik bekannt gewordene dreiteilige Publikation „Es geschah am 29. Juli 1942 in Wolkramshausen“ stammt aus dem Jahre 1982; jedoch leider ohne Quellenangaben. Der Verfasser war Hugo Müller vom Bund Deutscher Feuerwerker und Wehrtechniker. 2015 gelang es, vom Archiv des Bundes Deutscher Feuerwerker die drei Zeitschriftenoriginale käuflich zu erwerben.
Die bisherigen Veröffentlichungen des Militärhistorikers Frank Baranowski zu diesem Thema beschränkten sich 1998 in der Broschüre „Rüstungsprojekte in der Region Nordhausen, Worbis und Heiligenstadt während der NS-Zeit“ auf vier Textseiten mit einem Foto von einem leeren Munitionslagerraum sowie im Jahre 2000 in der Broschüre „Die verdrängte Vergangenheit / Rüstungsprojekte und Zwangsarbeit in Nordthüringen“ mit zum Teil wiederholenden Angaben auf vier Textseiten mit zwei neuen Untertage-Fotos. In seiner Hauptpublikation „Rüstungsproduktion in der Mitte Deutschlands 1929 – 1945“ aus dem Jahre 2013 mit 599 Seiten hat Frank Baranowski das Explosionsunglück in der Heeres-Munitionsanstalt Wolkramshausen ohne weiterführende Hintergrundinformationen nur kurz genannt. Der Schwerpunkt dieser sehr bedeutenden Arbeit lag auf der Darstellung neuer Erkenntnisse zu anderen Munitionsanstalten.
Aufschlussreiche Hintergrundinformationen vermittelten zum Teil drei ab 1998 in öffentlichen Thüringer Medien erschienene kurze Zeitzeugenberichte.
Der Zugewinn von völlig neuen Informationen und bislang unbekanntem Fotomaterial und Dokumenten in den letzten Jahren war folgenden Umständen zu verdanken. Zum einen haben sich während und nach der Gedenkveranstaltung am 29. Juli 2012 mit über 300 Teilnehmern Zeitzeugen und Angehörige von Zeitzeugen gemeldet und zum anderen war es durch den Beschluss des Thüringer Landesbergamtes, den verschlossenen Schacht Ludwigshall wieder zu öffnen, die Grube zu kontrollieren und dann den Schacht endgültig zu verwahren, möglich geworden, 2012 in das Grubenfeld vorzudringen, den Bereich der Geschehnisse von 1942 aufzusuchen und für diese Ausarbeitung zu dokumentieren. Letztlich gelang es auch, durch den wissenschaftlichen Mitarbeiter des Deutschen Historischen Institutes Moskau, Herrn Dr. Matthias Uhl, vier Kopien von sowjetischen Originaldokumenten aus den Jahren 1945 und 1946 über Wolkramshausen und drei weitere benachbarte ehemalige Heeres-Munitionsanstalten zu erhalten.
Ullrich Mallis, November 2017